In eigener Sache
Inhalt
1. Trainer für Inklusionsmannschaft gesucht
2. Interview mit unserem sportlichen Leiter, Johannes Gabriel
1. Trainer für Inklusionsmannschaft gesucht
2. Interview mit unserem sportlichen Leiter, Johannes Gabriel
Trainer für Inklusionsmannschaft gesucht!
Stand: September 2020

Neben der täglichen, "klassischen" Fußball-Arbeit beim FSV mit Nachwuchs für den Fußballsport und der Welt von morgen, möchten wir Euch zu diesem Anlass ein Projekt von Hanna Worrmann vorstellen.
Seit nunmehr 3 Jahren betreut Hanna, Medizinstudentin an der Uni Witten-Herdecke, mit wechselnder Unterstützung von Kommilitonen eine Mannschaft, in der Kinder fern von jedem Leistungsdruck Spaß miteinander haben sollen - und zwar natürlich wie sonst auch: mit dem Runden und dem Eckigen!
Das Prinzip? Jeder und jede ist willkommen! Und zwar ohne Ausnahme. Ob mit oder ohne körperliche bzw. geistige Einschränkung - völlig egal. Das Miteinander und Füreinander da sein steht noch einmal mehr im Vordergrund, als in einem klassischen Fußballteam.
Erfolgserlebnisse sind etwas subjektives. Hier bestimmt niemand, wann sich jemand "zu Recht" freuen darf, oder wann es nach Lehrbuch eigentlich noch etwas zu verbessern gegeben hätte. Kritik gibt es hier erstmal nur, wenn das "Wir" in Gefahr gerät und unfein miteinander umgegangen wird. Doch selbst hierbei wird Verständnis füreinander geübt.
Interview
mit unserem Sportlichen Leiter, Johannes Gabriel
Johannes Gabriel ist als sportlicher Leiter maßgeblich an der positiven Entwicklung des FSV Witten der letzten Jahre beteiligt. Er war Trainer beim Hombrucher SV und hat unserem Verein das Leistungsprinzip eingeimpft und steht wie kein Zweiter für die Erfolgsorientierung, die uns in Witten so stark macht. Fünf Meistertitel in sieben Spielzeiten sprechen für sich. Aus Vereinssicht war der vielleicht wichtigste Titel, der aus dem Jahr 2017, als er zusammen mit Martin Rafelt (nun bei Hajduk Split tätig) mit nur einer Niederlage in die Bezirksliga aufgestiegen ist. Auch in dieser Saison steht er mit seiner A-Jugend wieder oben und fiebert der baldigen Wiederaufnahme des Meisterrennens entgegen. Wir haben die Coronapause genutzt, um ein neues Interviewformat zu konzipieren. 12 Fragen an unsere Trainer. Inspiriert vom 12. Mann, dem treuen Fan, der einen Einblick in unsere Vereinskultur gewinnen und die Persönlichkeiten des FSV kennenlernen möchte.
Lieber Johannes, welche Rolle wünscht du dir als Trainer?
Seit ich Trainer bin, habe ich mir gewünscht, dass ich irgendwann mal in die Co-Trainerrolle schlüpfen kann, um mich inhaltlich einmal auf bestimmte Themen und Inhalte fokussieren zu können. Dort könnte ich vielleicht eine noch stärkere Detailtiefe erreichen und nicht so stark durch übergeordnete Themen gebunden sein. Außerdem fände ich hier eine andere Rolle in der Beziehung zu den Spielern interessant. Leider war mir das bisher noch nicht vergönnt. (lacht)
Welches Fußballwetter hast du am liebsten?
An verregneten Trainingstagen habe ich schon oft sehr intensive und produktive Einheiten erlebt. Auch als Spieler habe ich dieses Wetter immer gerne gemocht. Es reduziert oft Nebengeräusche und schärft den Fokus auf Ballaktionen. Ab und zu darf aber trotzdem auch gerne die Sonne scheinen.
Wie kann ein Spieler den Leistungsgedanken pflegen?
Leistungsorientierung ist etwas, das ein Spieler in seinem Kopf und in seinem Umfeld erzeugen muss. Wie wichtig ist es mir, mich zu verbessern? Welche Wichtigkeit kann ich dem Fußball in meinem Leben einräumen, um mich so zu verhalten, dass ich die bestmögliche Leistung abrufen kann!? Hier gibt es auf jedem Niveau sehr viel unausgeschöpftes Potential. Es ist die Verantwortung der Vereine, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Spieler dabei an die Hand zu nehmen!
Welche Zukunft prophezeist du dem Fußball in Zeiten von Corona?
Wenn der Fußball die aktuelle Coronapause nicht nutzt, um zu reflektieren wofür er in Zukunft stehen möchte und welche Signale er an die Gesellschaft und vor allem an die Kinder und Jugendlichen senden will, dann wird er keine gute Zukunft haben!
Welche Vorbilder haben dich als Trainer geprägt?
Mein größtes Trainervorbild ist schwer zu benennen. Im professionellen Fußball würde ich am ehesten Marcelo Bielsa hervorheben wollen! Ich glaube aber, dass auch im Amateur- und Jugendfußball viele hervorragende Trainer herumlaufen, die gar nicht genug gewertschätzt werden! Persönlich habe ich beispielsweise sehr viel von Benjamin Seifert und David Siebers gelernt, die derzeit beide in Diensten des VfL Bochum sind. Grundsätzlich versuche ich mir aber von jedem Trainer, den ich kennenlerne, etwas abzuschauen!
Wie wichtig ist dir deine Trillerpfeife?
Ohne Pfeife hören mich meine Spieler manchmal schlecht. Ich kann leider ganz schlecht laut pfeifen.
Welche Perspektive hast du als Arzt auf den Fußball?
Als Arzt sehe ich den Fußball genau wie jeder andere auch. Das ist das Schöne an diesem Sport, dass er Menschen aller Berufe und Bildungshintergründe an einen Tisch kommen lässt, um auf Augenhöhe darüber zu diskutieren. Wie auch ich hat jeder seine Aspekte, die er hineininterpretiert und Erfahrungswerte, aus denen er Vergleiche zieht. In der Medizin kann man immer irgendwelche Studien oder Leitlinien zitieren und sich an wissenschaftliche Fakten halten. Im Fußball gibt es oft kein Richtig oder Falsch.
Wie sähe ein Leben von Johannes Gabriel ohne das Trainerdasein aus?
Wenn ich kein Trainer wäre, würde ich wahrscheinlich dennoch sehr viel Fußball spielen oder schauen. Ganz ohne hat es mich nie gegeben und wird es wohl auch nie.
Hast du ein Lieblingssystem, z.B. das 3-4-3, bei dem man dir nachsagt, dass dir damit schon häufig rasante Aufholjagden gelungen sind?
Aus dem 3-4-3 kann man sehr unterschiedlich agieren, nicht nur offensiv. Ich mag die Flexibilität dieser Grundordnung. So denke ich zum Beispiel an die Art und Weise, wie Antonio Conte mit Chelsea in der Saison 2016/2017 die Meisterschaft gewonnen hat. Sie haben mit ihrer Interpretation des 3-4-3 eine beeindruckende Stabilität der Leistungen erreicht. Sicherlich kann man damit auch in bestimmten Räumen viel Wucht erzeugen, wenn man bei Rückstand gegen die Uhr spielt, mir ist es aber lieber, wenn ich diese Variante nicht so oft zur Anwendung bringen muss. (lacht)
Wie oft siehst du noch deinen ehemaligen Trainerkollegen Martin Rafelt, der nun seit einiger Zeit den kroatischen Fußball aufmischt?
Martin Rafelt hat mich immer besucht, wenn er nach Deutschland kam. Ich hoffe das bleibt auch in Zukunft so! Ich wünsche ihm aber auch, dass er eines Tages dazu keine Zeit mehr haben wird, weil er in der Champions League alle paar Tage ein Spiel hat. (lacht)
Welche Verbindungen hast du noch zu deinem alten Verein, dem Hombrucher SV, mit dem du auch eine Vereinskooperation initiiert hast?
Seit Hombrucher Zeiten gehöre ich zu den größten Fans dieses Vereins! Bis heute pflege ich freundschaftlichen Kontakt zu vielen Verantwortlichen dort und fiebere bei wichtigen Spielen mit!
Wie ist deine Einschätzung der aktuellen sportlichen Situation in Witten?
Den Wittener Fußball könnte man als Korb voller Krabben bezeichnen. Was kann man beobachten, wenn man mehrere Krabben in einen Korb legt? Sobald eine versucht, nach oben über den Rand zu klettern, wird sie von den anderen wieder zurückgezogen.
In Indien, wo ich eine Zeit lang gelebt habe, spricht man von Krabbenmentalität, wenn mehrere Parteien sich gegenseitig behindern, anstatt zum Vorteil von allen zusammenzuarbeiten. Das ist schade, denn im Wittener Fußball schläft noch so viel Potential!